Darum sprechen wir besser Englisch als die Welschen
Erst kürzlich hat die 10. Ausgabe der EF EPI Studie erneut bestätigt, dass Deutschschweizer über bessere Englischkenntnisse verfügen, als die Romands. Mit einem Durchschnitt von 614 Punkten erzielte die Deutschschweiz ein deutlich besseres Ergebnis als die Romandie mit 591 Punkten. Ein Röstigraben existiert also auch in Punkto Englisch. Doch woher kommt dieses Sprachgefälle zwischen den beiden Sprachregionen?
Zugehörigkeit zu unterschiedlichen Sprachfamilien:
Englisch und Deutsch gehören beide zur Familie der germanischen Sprachen und ähneln sich aufgrund ihres gemeinsamen Ursprungs im Wortschatz, der Grammatik und der Aussprache. Jemand, der also bereits eine Sprache germanischen Ursprungs spricht und neu Englisch lernt, wird gegenüber jemandem aus einer anderen Sprachfamilie immer im Vorteil sein, weil er auf einem gewissen Grundverständnis aufbauen kann. Französisch gehört hingegen nicht zu den germanischen, sondern zu den romanischen Sprachen und weist nur wenig Gemeinsamkeiten zum Englisch auf. Für unsere Mitbürger aus der Romandie bedeutet das also, dass sie bereits «benachteiligt» ins Rennen starten. Oder fällt es dir nicht auch leichter, Englisch zu lernen statt Französisch?
Förderung von Englisch in der Schule:
Dazu kommt, dass der Röstigraben im Fremdsprachenunterricht deutlich präsent ist. Jedem Kanton steht es frei, ob die Schulen zuerst Englisch oder eine zweite Landessprache unterrichten sollen. Die meisten Deutschschweizer Kantone haben sich dazu entschieden, Englisch spätestens ab der 5. Klasse zu unterrichten und ziehen dieses somit einer zweiten Landessprache (Französisch oder Italienisch) vor. In der Romandie ist genau das Gegenteil der Fall. Hier lernen die Schüler zuerst Deutsch, bevor sie in der 7. Klasse dann mit dem Englischunterricht starten. Entsprechend lernen die Deutschschweizer also nicht nur einfacher, sondern auch noch früher Englisch.
Verwendung von Anglizismen im Alltag:
Englische Ausdrücke finden mehr und mehr Einzug in unseren täglichen Sprachgebrauch, ob wir nun Deutsch oder Französisch sprechen. Allerdings treffen Anglizismen seitens der welschen Schweiz auf deutlich mehr Gegenwehr. Dies kann einerseits mit dem ersten Punkt zusammenhängen und darauf zurückzuführen sein, dass Englisch im französischen Sprachgebrauch weniger natürlich klingt. Andererseits könnte es auch in Verbindung zum französischen Stolz stehen, einst die Weltsprache gewesen zu sein. Denn um das Französisch vor dem Wandel zu schützen, hat Frankreich vor mehr als 20 Jahren sogar ein Gesetz eingeführt, welches Anglizismen aus dem Wortschatz verbannen sollte. Dies führte dazu, dass ursprünglich englische Wörter immer ins Französische übersetzt werden mussten und deshalb ein Computer «ordinateur» heisst und ein Reporter nicht «live», sondern «en direct» berichtet. Auch in der Schweiz gab es eine Initiative, die auf ähnlichen Prinzipien beruhte und die Sprache vor fremdem Einfluss schützen wollte. Dies sind zwar gute Massnahmen, die Reinheit einer Sprache zu bewahren, verhelfen den Romands aber nicht unbedingt zu besseren Englischkenntnissen.
Betrachtet man die Ergebnisse der Schweiz also nochmals unter diesen drei Punkten, kann man sagen, dass die Romandie doch gar nicht so schlecht abschneidet. Vielmehr können wir stolz auf unsere mehrsprachige Schweiz sein, die insgesamt «gut» Englisch spricht und immerhin den 18. Platz von 100 im Länderranking einnimmt.