So feierst du dein erstes Thanksgiving in den USA
Als Feiertag, der an keine Religion oder Konfession gebunden ist, wird Thanksgiving in den Staaten quasi von jedermann gefeiert, und das dazugehörige Abendessen/Festmahl ist vielleicht die wichtigste Mahlzeit im gesamten Jahr. Für Menschen, die aus anderen Ländern in die USA kommen und den vierten Donnerstag im November zum ersten Mal als Festtag erleben, mag das alles merkwürdig und fremd scheinen. Hier sind daher fünf Dinge, die du wissen solltest, bevor du dich zum Thanksgiving-Dinner an den Esstisch setzt.
1. Warum wird Thanksgiving gefeiert?
Zu Thanksgiving feiern wir gemeinsam mit engen Familienmitgliedern und Freunden, dass wir sie haben, und natürlich auch die üppige Ernte, die der Herbst uns bringt. Insofern ist der Feiertag mit unserem Erntedank verwandt. Was also im Grunde dahintersteckt ist tiefempfundene Dankbarkeit. Das steckt ja auch schon im Namen, denn an diesem Tag drückt man das Dankeschön für die Menschen und Dinge im Leben aus, die man um sich hat.
2. Die Geschichte hinter Thanksgiving
Es gibt zwar unter Historikern keinen eindeutigen Konsens, wann und wo das erste Thanksgiving-Festmahl in Amerika gefeiert wurde, aber der Feiertag wird gemeinhin auf das Jahr 1621 zurückgeführt, in die Gegend von Maryland, wo heute die Stadt Plymouth liegt.
Der Legende nach landete die Mayflower am 11. Dezember 1620 am Plymouth Rock, wo die Pilgerväter (britische Separatisten) 46 ihrer ursprünglich 102 Koloniegründer verloren. Aber dank der Hilfe der dort ansässigen Wampanoag-Indianer lernten sie nach und nach, Saaten und Pflanzen dem Klima entsprechend richtig anzubauen und zu hegen, und den kalten ersten Winter in der neuen Welt zu überleben. Der folgende Sommer von 1621 bescherte ihnen dann eine üppige Ernte. Um diesen Erfolg zu feiern, wurde ein dreitägiges, traditionell englisches (oder womöglich ein ureigenes amerikanisches) Erntefest gefeiert, das von da an stets an den schwierigen Beginn der weissen Siedler erinnern sollte.
Es gibt unterschiedliche historische Berichte, in denen die Anzahl der Ureinwohner und Pilgerväter, die am Festmahl teilnahmen, variiert, aber sie stimmen alle überein, dass es den Siedlern darum ging, den Indianern ihre Dankbarkeit für die Anschubhilfe zu zeigen, und dass sie aus diesem Grund zu einem üppigen Essen einluden. Bedenkt man allerdings die lange, blutige Geschichte von Konflikt und Kampf zwischen amerikanischen Ureinwohnern und europäischen Siedlern, darf diese Erzählung natürlich durchaus angezweifelt werden.
3. Wie feiert man Thanksgiving?
Nachdem du nun etwas über die Geschichte des Feiertags gelernt hast, spulen wir doch einfach vor und widmen uns den heutigen Feierlichkeiten. So sieht ein ordentlicher Thanksgiving-Tag aus:
9:00-10:00 | Sieh dir die Macy’s Thanksgiving Parade an
Schalte den Live-Stream im Fernsehen oder Internet ein oder such dir einen Platz am Strassenrand und dann sieh dir an, wie riesige Heliumballons, Karnevalswagen und Blaskapellen durch die Straßen von New York marschieren.
10:00-12:00 | Einkaufen
Wie die meisten Feiertage in den Staaten bedeutet Thanksgiving auch, dass Verkäufer entweder frei haben oder nur einen kurzen Arbeitstag. Zu deinem Glück haben die Lebensmittelgeschäfte aber mindestens bis mittags geöffnet, also gehst du am besten früh los, um alle Zutaten beisammen zu haben und rechtzeitig mit dem Kochen anfangen zu können.
12:00-13:00 | Schau dir an, wie der Präsident Truthähne begnadigt
Ja, das hast du schon richtig gelesen, seit Mitte des 20. Jahrhunderts “begnadigt” der jeweils amtierende Präsident der Vereinigten Staaten jedes Jahr einen oder auch zwei Truthähne. Diese Vögel werden nicht geschlachtet und landen am Abend nicht auf dem Tisch.
Ganztägig | American Football im Fernsehen
Zu Thanksgiving gehören die Footballspiele einfach dazu. Heute kannst du endlich einmal wieder deinem Lieblingsteam zujubeln und dich vom stärker werdenden Hunger ablenken, denn ein Mittagessen gibt es an diesem Tag normalerweise nicht. Du musst schliesslich richtig hungrig sein, wenn endlich Zeit fürs Abendessen ist.
Ganztägig | In der Küche stehen und Kochen wie ein Weltmeister
Es kann Stunden dauern, ein authentisches Thanksgiving-Essen zuzubereiten, manchmal sogar Tage, je nachdem was für Gerichte und Beilagen du vorbereitest und wie viele Gäste du erwartest. Der Truthahn allein braucht für jedes Pfund Gewicht mindestens 20 Minuten im Ofen, was bei den richtig grossen Tieren schnell zu fast fünf Stunden Backzeit führen kann.
18:00-22:00pm | Du wirst mehr essen, als du für möglich gehalten hast
Wahrscheinlich sollte uns nicht überraschen, dass es einen amerikanischen Feiertag gibt, in dem sich alles nur ums Essen dreht, aber du kannst dich immer noch selbst überraschen, indem du mehr isst, als du wolltest. Viel mehr … Wie viel man doch essen kann, wenn man sich nur richtig anstrengt!
4. Was wird zum Thanksgiving-Dinner serviert?
Turkey: Der Truthahn
In den meisten Familien steht der Truthahn im Zentrum des Festmahls, es sei denn, es handelt sich um einen Vegetarier-Haushalt. Ob im Ofen gebacken, geräuchert, gepökelt oder in der Pfanne gebraten, die Kunst besteht darin, die perfekte Mischung aus knuspriger Haut und saftigem Fleisch zu erreichen.
Stuffing: Die Füllung
Bevor man den Truthahn in den Ofen schiebt, wird er gefüllt, und zwar mit cornbread (einem Maisbrot, das aus Polenta, also Maisgriess hergestellt wird), Zwiebeln, Stangensellerie und getrockneten Cranberrys. Nachdem diese Füllung mehrere Stunden brutzelnd im Bauch des Truthahns verbracht hat, schmeckt sie wunderbar saftig und fleischig, mit süsslichen Untertönen.
Cranberry Sauce
Ein bisschen herb, ein bisschen süss. Cranberrysauce funktioniert ähnlich wie ein indisches Chutney, denn sie bringt den herzhaften, saftigen Geschmack des Truthahns erst richtig zum Strahlen. Besser als fertige Sauce aus der Konservendose ist auf jeden Fall selbstgemachte. Ein simples Rezept findest du in unserem kleinen Ratgeber Thanksgiving für Anfänger.
Gravy: Die Bratensauce
Wenn der Truthahn aus dem Ofen kommt, wird die Bratensauce angerührt. Dazu verwendet man den ausgetretenen Fleischsaft vom Boden des Bräters. Truthahn-Gravy ist eine würzige, cremige Sauce, die man grosszügig über alles auf dem Teller giessen kann.
Mashed Potatoes: Der Kartoffelbrei
Wo sollte denn sonst all die Bratensauce hin? Bedeckt mit der würzigen Sauce ist der Kartoffelbrei der vielleicht leckerste und ganz sicher der sättigendste Teil des Thanksgiving-Dinners.
Pumpkin Pie: Der Kürbiskuchen
Frisch und saisonal, süss und sättigend: selbstgemachter Kürbiskuchen ist das typische Dessert für diesen Festtag. Allerdings kann es ganz schön schwer werden, diese Leckerei auch noch aufzuessen, wenn du vorher bei Truthahn und Kartoffelbrei zweimal oder dreimal zugelangt hast. Aber keine Sorge! Wenn du am Abend wirklich nichts mehr runterbekommst, bleibt ja immer noch das Frühstück am Freitag, dem Folgetag.
Denn Resteessen gehört ebenso zu Thanksgiving, das Fest ist noch lange nicht zu Ende, wenn am Donnerstagabend alle zu Bett gehen: Bei so viel Essen ist es nur allzu wahrscheinlich, dass das gesamte Wochenende über Truthahn-Sandwiches, Truthahn-Burritos und Truthahn-Auflauf serviert werden.
5. Black Friday & Cyber Monday
Nachdem du dich also am Donnerstag bis zur Besinnungslosigkeit vollgestopft hast, steht der Freitag ganz im Zeichen von Shopping, gern auch bis zur Besinnungslosigkeit. Nimm den Tag als inoffiziellen Beginn der Weihnachtseinkäufe-Saison, denn der Black Friday ist in den Staaten berühmt für wahnsinnige Angebote und hysterische Menschen, die von einem Laden zum nächsten hetzen, um das beste Geschäft und Schnäppchen zu machen. Dankbarerweise wurde für diejenigen von uns, die das Gedränge nicht mögen, der Cyber Monday erfunden. Der stellt am Montag nach dem Thanksgiving-Wochenende das Online-Pendant zum Black Friday dar.
Das mag jetzt alles ein bisschen überwältigend klingen: So viel zu tun, zu essen und zu kaufen an deinem ersten Thanksgiving in den Staaten, aber am wichtigsten ist es, nicht aus den Augen zu verlieren, worin die ursprüngliche Bedeutung und Absicht dieses Festtags lag, nämlich im Danke sagen und Dankbarkeit ausdrücken. Wenn Familie und Freunde sich dankbar um den Tisch herum versammeln, dann bringt der Feiertag uns zusammen und erinnert uns daran, dass vor fast 400 Jahren zwei unterschiedliche Kulturen zusammenkamen, um sich dankbar zu zeigen und den Erntereichtum gemeinsam zu geniessen.