Psychologie des Reisens: Warum es uns in die Ferne zieht
Die Ferien dauern zwar meist nur wenige Wochen oder sogar nur ein paar Tage. Aber diese Tage haben eine starke Wirkung auf uns. Weil sie eine Auszeit vom Alltag bedeuten und völlig neue Möglichkeiten versprechen – irgendwo anders, nur nicht zu Hause.
Warum reisen wir eigentlich so gern? Ganz einfach: Reisen bildet. Reisen sorgt für Gesprächsstoff und für neue Erfahrungen, die in der vertrauten Umgebung zu Hause niemals möglich wären. Tatsächlich gibt es eine Vielzahl von Gründen, warum uns das Fernweh häufig packt und die Ferienzeit in den meisten Fällen zur Reisezeit wird.
Die Schweizer lieben es zu verreisen. Die Anzahl der Auslandsreisen mit Übernachtungen wächst. Im Jahr 2017 lag die Anzahl der Reisen bei 16,65 Millionen. Das beliebteste Urlaubsland war Frankreich. Italien, Spanien und Portugal waren als Reiseziele besonders bei längeren Aufenthalten beliebt. Nur 17 Prozent der Schweizer verreisen überhaupt nicht.
Laut einer Befragung ist die beliebteste Ferienart die Städtereise, dicht gefolgt von Badeferien.
Die beliebtesten Ferienarten der Schweizer:
Ferien im Ausland: 63 Prozent
Badeferien: 62 Prozent
Wellness: 30 Prozent
Rundreisen: 28 Prozent
Abenteuerreisen: 26 Prozent
Schiffsreisen: 20 Prozent
Die offenkundigen Gründe
Für die Reiselust der Schweizer gibt es zahlreiche Gründe:
Tapetenwechsel: Neue Landschaften erleben
Egal, ob der Urlaub im eigenen Land, in Europa oder in Übersee stattfinden soll: Oft ist es die Sehnsucht nach neuen Landschaften, die uns in die Ferne zieht. In der Heimat ist alles vertraut. Irgendwann werden wir blind für das, was wir jeden Tag um uns herum sehen.
Selbst die Schönheit der Umgebung wird zur Gewohnheit. Darum zieht es Menschen aus den Bergen ans Meer und Küstenbewohner in die Berge. Grossstadtbewohner freuen sich über ein paar beschauliche, ruhige Tage auf dem Land. Das Landei geniesst den Städtetrip in die Grossstadt.
Hauptsache Abwechslung: Nach der Rückkehr aus den Ferien sehen wir das eigene Zuhause mit anderen Augen. Weg zu sein, hilft dabei, vermeintliche Selbstverständlichkeiten wieder wertzuschätzen.
In fremde Sprachen und Kulturen eintauchen
Ferien im Ausland sind besonders verlockend: Nicht nur andere Landschaften erwarten uns dort. Sondern auch andere Sprachen und Kulturen. Das beliebteste europäischen Auslands-Reiseziel der Schweizer war 2017 Frankreich. In Europa sind die Unterschiede zwischen den Ländern nicht mehr ganz so gravierend wie früher.
Dank der EU wachsen die Länder immer mehr zusammen. Meistens reichen Englischkenntnisse aus, um sich zu verständigen. Aber die Einheimischen schätzen es, wenn sich Reisende bemühen, zumindest ein paar Worte in der Landessprache zu sprechen.
Sprache als Schlüssel
Reisen sind eine hervorragende Möglichkeit, die erworbenen Sprachkenntnisse direkt anzuwenden. Nichts ersetzt den direkten Kontakt mit Muttersprachlern. Das Sprachbad macht es möglich, nicht nur die Vokabeln in der Fremdsprache, sondern auch die Aussprache und die Sprachmelodie aufzusaugen.
Besonders jenseits der typischen Touristen-Hotspots sind authentische Einblicke in andere Kulturen möglich. Wer wirklich etwas von dem Gastland lernen und erfahren möchte, sollte sich an die Einheimischen halten:
Statt Urlaub im Hotel zu machen, empfiehlt sich eine private Unterkunft.
Beim Einkaufen auf dem Markt kommen Reisende mit Einheimischen und ihren Produkten in Kontakt.
Wer Zufallsbekanntschaften nach ihren „Geheimtipps“ fragt, findet Restaurants, Cafés und schöne Ecken, die nicht jeder kennt.
Der Besuch von religiösen Stätten verrät viel über die Menschen.
Karriere-Booster Auslandsaufenthalt
Auslandsaufenthalte sind nach der Matura beliebt: Nicht jeder weiss direkt nach der Schule, in welche Richtung es weitergehen soll: Ausbildung? Studium? Und in welchem Bereich?
Mit einem Auslandsjahr lässt sich ein Jahr Zeit gewinnen:
Beim Work & Travel gibt es die Möglichkeit, in unterschiedliche Tätigkeitsfelder reinzuschnuppern.
Wer Kinder liebt, kann als Au-Pair tätig werden.
Ehrenamtliche Mitarbeiter werden von sozialen Organisationen in vielen Ländern gesucht.
Zum einen macht sich diese Auslandserfahrung gut im Lebenslauf. Zum anderen lässt sich das Fernweh auf diese Weise stillen. Auch ein Auslandsstudium ist eine ideale Möglichkeit, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Schweizer Studierende nutzen dazu Mobilitätsprogramme, die von den Hochschulen und ihren Partneruniversitäten angeboten werden, um ein bis zwei Jahre im Ausland zu studieren.
Damit sparen sie sich eine individuelle Bewerbung um einen Studienplatz. Wer mit der Auswahl nicht zufrieden ist oder am liebsten das komplette Studium ausser Landes absolvieren möchte, kommt um eine selbstständige Organisation allerdings nicht herum.
Es lohnt sich auf jeden Fall: Die Fremdsprachenkenntnisse entwickeln sich wie von selbst. Die Erfahrungen im Ausland stärken das Selbstbewusstsein. Das macht sich nicht nur bei der Karriere bemerkbar.
Erholung und Entspannung
Wer den Auslandsaufenthalt nicht als Karrieresprungbrett betrachtet, möchte sich in der Regel vom Alltagsstress erholen. Einfach mal abschalten und den Kopf wieder freikriegen. Im Urlaub sollen die Batterien wieder aufzuladen werden.
Erholung und Entspannung sind wichtig, um nach der kurzen Erholungsphase wieder Vollgas geben zu können. Es bringt den meisten Menschen bereits viel, vorübergehend aus ihrem Tageskorsett auszusteigen. Endlich mal nicht Punkt sechs aufstehen! Mehrere Forscher wie die schwedische Biopsychologin Marianne Frankenhaeuser entdeckten bereits in den 1980er Jahren, dass die Menge an Stresshormonen im Körper sinkt, wenn wir frei haben. Beschwerden wie Kopf- und Rückenschmerzen verschwinden häufig nach wenigen Tagen.
Schon die Reiseplanung tut gut: Die Stimmung verbessert sich, bevor es auf grosse Fahrt geht. Zu diesem Ergebnis kamen die britischen Marktforscher David Gilbert und Junaida Abdullah (University of Surrey) in einer Studie: Menschen, die ihre Ferien planen, fühlen sich glücklich. Sie schauen Reiseführer an, informieren sich in den sozialen Medien oder schauen Videos auf YouTube. All das steigert die Vorfreude. Überraschenderweise sahen die Befragten ihr Alltagsleben positiver als Studienteilnehmer, die keine Reisepläne schmiedeten.
Die tieferen Gründe
Neben den offensichtlicheren Gründen, die unsere Reiselust antreiben, gibt es noch andere Ursachen, die dazu beitragen, dass wir gerne über den gewohnten Tellerrand hinausblicken und in die Ferne schweifen möchten.
Entdeckungsreisen zum Ich
Zu Hause ist meistens ein Tag wie der andere: aufstehen, arbeiten, einkaufen, fernsehen, Zeit mit der Familie verbringen, schlafen. Irgendwann kommt der Gedanke hoch, dass das doch nicht alles sein kann. Reisen ist eine Möglichkeit, an die eigenen Grenzen zu gehen – und diese zu erweitern.
Im Alltag ist unsere Wahrnehmung häufig eingeschränkt. Wir funktionieren. Viele Dinge erledigen wir automatisch. Autopilot ein, los geht’s. Der Tag der meisten Menschen wird von Routinen bestimmt.
Beim Reisen ist das anders. Wir verlassen die Eintönigkeit des Alltags und bewegen uns ausserhalb unserer Komfortzone. Alles ist neu, aufregend, eben einfach anders. Dadurch sind unsere Sinne geschärft. Wir saugen die noch unvertrauten Eindrücke in uns auf: Gerüche, Geräusche, der Geschmack… Fernab der Heimat sind wir plötzlich wieder vollständig.
Dadurch wird das Reisen zu einer Reise zu uns selbst. Was wir unterwegs erleben, prägt uns. Wir meistern Herausforderungen und tun Dinge, die wir zu Hause niemals tun würden. Unterwegs finden wir diesen Mut. Genau das erweitert unseren Horizont und lässt uns wachsen.
Abenteuer statt Alltag
Wir wollen vor allem eins: Raus aus dem Alltag. Keine Zwänge mehr, endlich frei sein und wieder durchatmen können. Wer wirklich etwas erleben will, sollte Individualreisen anstreben. Der Badeurlaub im Luxushotel bietet zwar Abwechslung und Erholung. Aber es spielt keine Rolle, ob er in Deutschland, Spanien oder Thailand stattfindet: Wir fliegen hin, quartieren uns im Hotel ein und lassen uns bedienen.
Einheimische sehen wir dabei höchstens in Form des Hotelpersonals. Die anderen Menschen, denen wir begegnen, sind Touristen wie wir. Einblicke in andere Kulturen? Fehlanzeige. Selbst ein Sprachbad zu nehmen, ist in der Regel nicht möglich. Das Personal ist komplett auf Touristen eingestellt und spricht in der Regel zumindest ein paar Brocken Deutsch.
Wenn wir uns auf eigene Faust auf den Weg in unser Traumland machen, sind unsere Erfahrungen intensiver. Wir treffen an unserem Zielort ein. Dann suchen wir unsere Unterkunft. Im Idealfall bleibt das Smartphone zu Hause. Mit einer Karte schaffen wir es auch von A nach B. Wir lernen die neue Umgebung kennen und machen uns mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut. Wenn wir morgens aufstehen, wissen wir nicht genau, was uns erwartet. Wir entdecken, lassen uns treiben. Ein spannender Prozess!
Lassen wir uns von einem Reiseveranstalter mitnehmen, erfahren wir zweifellos mehr über die Kultur und Geschichte der Stadt oder des Landes. Um es mit Johann Wolfgang von Goethe zu sagen: „Man erblickt nur, was man schon weiss und versteht.“ Wird unser Blick auf bestimmte Dinge gelenkt, nehmen wir sie erst bewusst wahr. Allerdings sind wir auf Reisen dann genauso fremdbestimmt wie im Alltag.
Die Erfahrung, am Ferienort unbekanntes Terrain zu erobern, geht dabei verloren.
Was Reisen mit uns macht
Eine andere Umgebung als die heimische tut uns gut – glauben wir zumindest. Allerdings ist das nicht die ganze Wahrheit, wie die Psychologie des Reisens schon mehrfach aufzeigen konnte. In jedem Fall haben Reisen und Urlaube eine starke Wirkung auf uns, auch wenn diese oft nicht von langer Dauer ist.
Ferien bedeuten Erholung – aber nicht immer
Es klingt paradox, aber Urlaub ist auch mit Stress verbunden: Das geht oft bereits bei der Reiseplanung los. Manch einer fährt am liebsten los und lässt sich unterwegs einfach überraschen. Andere planen minutiös jeden Schritt der Reise im Voraus. Wieder andere machen sich einen groben Plan, bevor sie mit gepackten Koffern das Haus verlassen. Schwierig wird es, wenn mehrere Menschen mit unterschiedlichen Planungsbedürfnissen gemeinsam auf Reisen gehen.
In Partnerschaften müssen mitunter zusätzlich zwei Urlaubsvorlieben unter einen Hut gebracht werden. Er möchte vielleicht fliegen. Sie bevorzugt die Anreise mit dem Auto. Er träumt von einem chilligen Badeurlaub am Meer. Sie denkt an einen Aktivurlaub in den Bergen. Das macht Kompromisse notwendig. Oder zwei kürzere Urlaubsreisen statt einer längeren.
In Familien mit Kindern treffen die Erholungsbedürfnisse und Interessen der Eltern auf die Vorlieben der Kinder. Je jünger der Nachwuchs, desto kürzer sollte die Reisezeit ausfallen. Die Anreise kann ebenfalls in Stress ausarten: Kilometerlange Staus, verspätete Züge oder Flugzeuge strapazieren die Nerven von Gross und Klein. Gerade in der Hauptsaison brauchen Reisende ein dickes Fell.
Ein weiteres Problem: Wer sich zu viel vornimmt, überfordert sich. Möglichst viel sehen und erleben, ist ein häufiger Wunsch von Reisenden. Doch jede freie Minute mit Besichtigungen von Sehenswürdigkeiten vollzustopfen, lässt keinen Spielraum für Spontaneität. Hier gilt: Weniger ist mehr.
Jede mitreisende Person sollte im Urlaub auf ihre Kosten kommen. Zumindest hin und wieder. Dann gelingt das Abschalten vom Alltag, und das Gefühl von Entspannung und Erholung stellt sich ein. Selbst wenn in den Ferien alles Mögliche schief geht, ist das kein Problem. Wir neigen dazu, die negativen Reise-Erlebnisse zu vergessen.
Die ideale Feriendauer
Wie lange sollte der Urlaub sein? Damit haben sich Forscher der Universität von Tampere (Finnland) eingehend beschäftigt. Das Ergebnis: Den Höhepunkt der Erholung erlebten die Studienteilnehmer am achten Urlaubstag. So lange dauert es, um den alltäglichen Stress hinter sich zu lassen und sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Demnach sollte ein Urlaub mindestes acht bis zehn Tage dauern, um maximal davon zu profitieren. 14 Tage wären vermutlich noch besser, denn kurz vor Ende der Ferien kreisen die Gedanken bereits um die Heimreise. Das löst neuen Stress aus.
Allerdings hält der Erholungs-Effekt nicht lange an. Schon eine Woche nach den Ferien sind die Auswirkungen häufig schon wieder verflogen. Bestenfalls profitieren Arbeitnehmer drei bis vier Wochen davon. Urlaubsforscher empfehlen darum, lieber mehrmals für wenige Tage im Jahr auf Reisen zu gehen als einmal einen langen Urlaub zu machen. Nach vier Wochen Ferien ist das Gefühl von Erholung und Entspannung nicht grösser als nach einer Woche.
Urlaubsfeeling für zu Hause
Das Urlaubsgefühl verfliegt leider viel zu schnell. Zurück im Alltag ist der Stress rasch wieder zurück. Auf der Arbeit ist vieles liegen geblieben. Die To Do-Liste scheint endlos. Angesichts dessen geraten die schönen Erlebnisse der Reise schnell in den Hintergrund. Die Erinnerungen verblassen.
Um das Urlaubsgefühl für die Zeit danach noch zu bewahren, ist das Fotografieren eine wunderbare Möglichkeit. Schon das Aufnehmen der Bilder schärft den Blick für die Schönheit der Landschaft, die Einzigartigkeit der Menschen und die besonderen Momente.
Schliesslich versuchen wir, die eindrucksvollsten und bedeutsamsten Augenblicke mit der Kamera oder dem Smartphone festzuhalten. Zu Hause lassen wir die Daheimgebliebenen mit den Fotos an unseren Erlebnissen teilhaben.
Beim Anschauen der Bilder kommen die Erinnerungen an die Urlaubszeit zurück. Die Fotos betrachten wir nicht neutral. Jedes Bild löst Emotionen in uns aus. Ein Foto aus der Karibik etwa verbinden wir in der Regel mit positiven Zuschreibungen wie Wärme, Harmonie, Ruhe, Sorglosigkeit, Freude und Entspannung. Negatives blenden wir aus.
Dementsprechend sind Fotos von der einen oder anderen Auszeit ideal zur Verschönerung der Wohn- oder Arbeitsumgebung. Sie inspirieren und motivieren. Wer das ganze Jahr über die Reiseerlebnisse vor Augen haben möchte, erstellt einen Foto-Kalender mit den 12 schönsten Ansichten. Auf diese Weise ist ein Eintauchen in die Erinnerung immer wieder möglich.
Persönlichkeitsentwicklung unterwegs
Auch im Inneren hinterlässt die Reise Spuren, selbst wenn diese nicht so leicht mit anderen Menschen zu teilen sind. Die Persönlichkeitspsychologie ordnet die Persönlichkeit von Menschen anhand eines Fünf-Faktoren-Modells ein. Zu „Big Five“, die die Persönlichkeit ausmachen gehören:
Offenheit,
Gewissenhaftigkeit,
Extraversion,
Verträglichkeit und
Neurotizismus
Auslandserfahrungen prägen uns fürs Leben. Aber wie genau verändert sich die Persönlichkeit durch eine Auslandsreise? Mit dieser Frage haben sich die Psychologen Julia Zimmermann und Franz Neyer beschäftigt. Dazu befragten sie mit und ohne Auslandserfahrung.
Im direkten Vergleich zeigt sich: Wer den Schritt in die Fremde gewagt hat, ist offener gegenüber neuen Erfahrungen und emotional stabiler. Einen wesentlichen Anteil an der Persönlichkeitsentwicklung tragen die Menschen, denen wir unterwegs begegnen. Das lässt neue Freundschaften entstehen und erweitert das eigene soziale Netzwerk.
Diese Erfahrung beobachten wir auch an uns selbst: Wir kommen anders zurück, als wir losgefahren sind. Reisen verändert. Und zwar nachhaltig. Wir haben ein Stück der Welt angeschaut und kehren bereichert nach Hause zurück. Oft entstehen unterwegs neue Bekanntschaften oder sogar Freundschaften.
Selbst wenn nicht: Die Gespräche und Begegnungen mit Einheimischen und anderen Reisenden bleiben uns im Gedächtnis.
Was eine gelungene Reise ausmacht
Das Reisen hat sich verändert, was viel mit den modernen Möglichkeiten der Fortbewegung zu tun hat. Heute ist es ein Kinderspiel, die ganze Welt in kürzester Zeit zu bereisen. Mit dem Flieger kommen wir überall hin. Wer es beschaulicher mag, wählt das Schiff oder auch den Zug.
Dadurch verändert sich aber auch der Blick auf die Reiseziele, die wir ansteuern, und die Erwartungen, die wir an das Reisen und unsere Urlaube knüpfen: Für manche muss immer spektakulärer und spezieller sein. Je weiter weg und je schwerer erreichbar das Ziel, desto erstrebenswerter erscheint es uns.
Ferien als Hype
Aber auch die „geheime Perle“ unter den Urlaubslocations hat es uns angetan. Wir wollen dorthin, wo nicht alles hoffnungslos touristisch überlaufen ist. Die Digitalisierung hat den Tourismus längst erreicht. In den sozialen Medien sind Urlaubsbilder eine feste Grösse. Auf Facebook und Instagram finden sich die Reiseerlebnisse eingefangen in farbenprächtigen Bildern.
Das weckt in Social Media Usern das Gefühl, etwas zu verpassen. Und es macht neidisch. Das fanden Forscher der Technischen Universität Darmstadt (TU) und der Humboldt-Universität zu Berlin (HU) heraus. Ein Drittel der Facebook-Nutzer fühlen sich nach der Nutzung der Plattform schlecht. Scheinbar sind alle in den Ferien, lassen sich vor Sehenswürdigkeiten fotografieren oder liegen am Strand. Wer daheim bleibt und notgedrungen auf der Arbeit die Stellung halten muss, reagiert mit Frustration.
Die sozialen Medien haben grossen Einfluss auf den Tourismus. Auf Instagram posten Influencer Fotos besonders malerischer Locations. User hinterlassen begeisterte Kommentare. Das weckt Sehnsüchte. Vor allem junge Leute informieren sich auf der Plattform über sehenswerte Reiseziele. „Klassische“ Reiseführer sind zwar nach wie vor gefragt. Aber Erholungssuchende und Erlebnishungrige hoffen durch Instagram auf Insider-Tipps zu stossen, die nicht in Büchern zu finden sind. Das bleibt nicht ohne Folgen.
Die dort besonders oft gezeigten, fotogenen Orte werden von Urlaubern regelrecht überrannt. Dazu zählen etwa der Pragser Wildsee in Südtirol oder die portugiesische Hauptstadt Lissabon. Dort sind Touristen bei manchen Einheimischen nicht mehr gern gesehen, was an der Überforderung liegt. Dem Hype sind viele Orte einfach nicht gewachsen. Reisende bringen zwar Geld ins Land. Aber die Besucherströme bedeute auch Lärm und Müllberge. Anwohner fühlen sich bedroht, denn es ist lukrativer, an Touristen zu vermieten als ein Einheimische. Die Reiseströme treiben die Preise hoch.
So kann es passieren, dass sich der vermeintliche Insider-Tipp als Flopp entpuppt.
Ein rundum gelungener Urlaub
Wie sieht er denn nun aus, der rundherum gelungene Urlaub? Unterm Strich lässt sich sagen: Die Ferien sollten mindestens acht bis vierzehn Tage lang sein. Dann sind die Erholungseffekte am grössten. Wer Abenteuer erleben und aus den Konventionen des Alltags ausbrechen möchte, sollte sich für eine Individualreise entscheiden. Das erhöht den Erlebnis-Faktor und macht Kontakte mit Einheimischen möglich.
Bei den Unternehmungen im Reiseland gilt: Besser weniger und dafür intensiver. Besondere Orte dürfen bei einer Reise nicht fehlen. Aber wir sollten uns Zeit nehmen, das Gesehene auch zu geniessen. Manchmal dauert es länger, um innerlich „anzukommen“. Ausserdem: Länder, Landstriche und Städte lassen sich mehr als einmal bereisen. Wer bei der ersten Reise nicht alles sieht, weiss, worauf er sich in den nächsten Ferien freuen darf.
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